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C.I. Brom. Homo sapiens

Karl Stocker / Einführung ESC Labor - Ausstellung C.I. Brom "Homo sapiens" (5. Sept. 2008)

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Brandlmayr!

Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, dass ich heute mit einigen Gedanken diese Ausstellung eröffnen darf. Die Gelegenheit zu diesem Anlass ein paar einleitende Gedanken fallen lassen zu dürfen, freut mich um so mehr, da die Aktualität und die Relevanz der Ausstellung kaum hoch genug bewertet werden können:

1. Künstlerinnen und Künstler haben sich seit jeher für das methodologische Vorgehen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaften interessiert. Vor allem seit Beginn des ausgehenden 2. Jahrtausends lässt sich jedoch diagnostizieren, dass Künstlerinnen und Künstler Methoden aus der naturwissenschaftlichen Forschung verstärkt adaptieren. Durch die Hinwendung zu Inhalten und Methoden anderer Disziplinen und Kontexte begeben sie sich immer häufiger auf fremde Gebiete, deren Gesetzmäßigkeiten dem künstlerischen Vorgehen oftmals diametral entgegenstehen.

2. Der wissenschaftliche Blick auf die Natur fokussierte und fokussiert immer schon das Entdecken von Strukturen und Vorgehensweisen der belebten Natur, die in der Folge gezielt für die Lösung technischer Probleme in den Bereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften, aber auch der gestaltenden Disziplinen wie Architektur oder Design zur Anwendung gelangen können. Dabei geht es meistens um die systematische Suche und Übertragung von geeigneten Struktur- oder Organisationsprinzipien der belebten Natur in technische Artefakte. Aber auch für die Kunst stellt die Natur nach wie vor eine zentrale Kategorie dar, allerdings nicht als Vorbild, das nachgeahmt werden soll, sondern als Inspirationsquelle.

Unter diese Aspekten kann das Werk von C.I. Brom kaum hoch genug eingeschätzt werden: Schon sehr früh - zu Beginn der 1950er Jahre - überschreitet er die Grenzen von Wissenschaft und Kunst und lässt sich auf wissenschaftliche und künstlerische Methoden und Ansätze ein, die Michel Foucault für den Bereich der Wissenschaften als "entdiszipliniert", "jenseits der Disziplinen", als "nicht im straffen Korsett der Einzeldisziplinen", die einzelnen Disziplinen überschreitend, charakterisiert hat. C.I. Brom erweist sich in diesem Sinne in seinen Arbeiten als "entdiziplinierter" Künstler, gleichsam in Nachbarschaft zu wissenschaftlichen Denkern wie etwa Arthur Koestler oder Wilhelm Reich, deren Denkansätze oftmals von der traditionellen Wissenschafterkaste - und ich bleibe hier bewusst bei der männlichen Form, weil es sich hier wirklich in der Regel um Männer handelt - , als "Grenzwissenschaften diffamiert wurden.

3. Kritisch angemerkt werden muss an dieser Stelle, dass die Zusammenarbeit von Künstlerinnen und Künstlern mit Forscherinnen und Forschern jenen zwar den Zugang zu komplexen Wissensbeständen öffnet, ohne die die Kunst die Welt nicht mehr verstehen und interpretieren kann. Oftmals aber wandelte sich in den künstlerischen Produktionen die Verwissenschaftlichung inzwischen von einer Utopie zum Pflichtprogramm, wenn etwa - ich zitiere - "die Kunstakademien sich an den Effizienzmaßstäben einer anwendungsorientierten Hochschulpolitik messen lassen müssen oder wenn Interdisziplinarität zum Schlagwort wird, mit dem eine bildungsbedachte Kulturförderung die Künstler ermahnt, sich nützlich zu machen", wie es jüngst Dr. Ingeborg Reichle vom deutschen Scheringforum formulierte.

Gerade diese Kritik trifft auf das Werk von C.I. Brom nicht zu, dafür war er ganz einfach in seinem Erkenntnisinteresse zu radikal und viel zu unangepasst. Radikal in dem Sinn, dass er in seinen Arbeiten wirklich die "Wurzel" der Dinge suchte, und unangepasst, indem er sich jeglicher populistischer Vereinnahmung versagte.

Lassen Sie mich abschließend noch herzlich bei Herrn Peter Brandlmayr bedanken! Seit Herr Brandlmayr im Jahre 2002 mit der Aufgabe betraut wurde, das Archiv des Instituts für Wissenschaft und Forschung in Wien zu betreuen und aufzuarbeiten, arbeitet er auch intensiv daran, das umfangreiche Werk und die Lebensgeschichte C.I. Broms einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Ohne seine engagierte Tätigkeit würde das Werk C.I. Broms wohl der Vergessenheit anheimfallen; und damit könnte Vieles, das für die Auseinandersetzung von Wissenschaft und Kunst relevant ist, nicht in die aktuellen wissenschaftlich-künstlerischen Diskussionen eingebracht werden.

Lassen Sie mich nun meine Rede mit einem Zitat Peter Brandlmayrs aus einem Raumtext zur Ausstellung schließen, einem Zitat, das nicht nur den Denkansatz C.I. Broms sehr gut beschreibt, sondern das durchaus auch als ein Motto für unseren jeweils eigenen Zugang zur Welt gelten könnte: "Ungeachtet dessen, ob sich Brom mit der räumlichen oder der zeitlichen Dimension des Humanen auseinandersetzt, bleibt der Mensch in Broms Arbeiten stets ein paradoxes und flüchtiges Wesen, das sich gegen seine eindeutige Feststellung wehrt, indem es in exzentrischer oder in spielerischer Weise aus genormten Formaten von Idealvorstellungen ausbricht."

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Dauer der Ausstellung: bis Freitag, 26.9.2008

19.9. 2008 um 19 Uhr Wir und die Neandertaler, Dr. Bence Viola, Vortrag
24.9. 2008 um 19 Uhr Nicht ganz Tier aber auch kein Engel - Zur Anatomie des Menschlichen in Grenzlagen, Univ.-Prof. Mag. Dr. Helga Peskoller, Vortrag
26.9. 2008 um 19 Uhr Finissage mit "H.M. Oder das nicht festgestellte Tier." C.I. Brom/P. Brandlmayr, Performance

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