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CENTRAL PROCESSSING UNIT

CPU ist ein Kooperationsprojekt zwischen
steirischer herbst, mur.at und ESC im LABOR

Agnese Trocchi | Lorenzo Cassulo | Nanna Lueth | Hannah Fitsch | Wolfgang Temmel | Karin Hofstätter | Christian Stalzer | Frank Barknecht | Andrew Garton | Ju Gosling | Donna Metzlar | Tatiana de la O | Anne Roth & Andrej Holm | Seda Gürses | Eran Sachs | Neset Özevin | Anna Loosen | Ernesto Rico-Schmid | Zoe Gudovic

CPU Programm

Letter from Sarajevo in English

Liebe Freund_innen,

am 24. September wurde das erste Queer Sarajevo Festival eröffnet. Die Eröffnung begann mit einer großartigen Ausstellung in der Akademie der Künste.
Die Produktion war wunderbar, so authentisch und zugleich berührend.

Mehr als 300 Personen waren anwesend, ihre sexuelle Orientierung spielte keine Rolle, so wie auch ihre Religion oder ihr Geschlecht. Das Wichtigste war, dass sie dort waren, um ein großes Ereignis zu unterstützen, ein tolles Festival, wunderbare Menschen. Kunst, Freude, Leben, Freiheit?

Die Wirklichkeit war nicht sehr fröhlich. Vor der Akademie, knapp vor der Eröffnung, versammelte sich dort eine Gruppe aggressiver religiöser Extremisten. Es waren ungefähr 150, mit Steinen bewaffnet, manche mit Messern, sogar Schußwaffen.

Sieben Aktivist_innen und Besucher_innen des Festivals sowie ein Polizist wurden verletzt. Diese Menschen wurden brutal attackiert und erlitten schwere Verletzungen.

Diese Gruppen von Extremisten verfolgten Menschen zu ihren Autos, zogen sie heraus, und traten und schlugen sie. Sie zogen auch einen Taxifahrer aus seinem Auto, wiesen ihn an, sich zurückzuziehen und traten die Menschen im Auto. Sie schlugen einen jungen Mann so schwer, dass sie ihm die Nase brachen, und schlugen weiter mit einer Waffe auf ihn ein, bis er bewußtlos wurde.

Einige weitere Menschen wurden angegriffen und erlitten Kopfverletzungen. Ein Mann erlitt innere Blutungen. Die Polizei hat das Festival als ein Ereignis mit hohem Sicherheitsrisiko eingestuft, aber es unglücklicherweise nicht so behandelt. Die Polizei erlaubte 100 bis 150 Hooligans und religiösen Fundamentalisten, sich in die Eingangshalle der Akademie zu drängen. Dort mußte dann der private Sicherheitsdienst mit der Situation und den Extremisten klarkommen.
Die Polizei versuchte nicht einmal, die Menge zu zerstreuen und die Versammlung aufzulösen, die nicht angemeldet war. Das ist ein großes Versäumnis der Polizei.

Wieder war es nicht nur ein Versäumnis zu erkennen, wer die bedrohte Partei war, sondern die Gewalt wurde auch noch erlaubt und unterstützt. Die große Verantwortung der Polizei und der Institutionen, die nicht rechtzeitig und adäquat reagierten, indem sie Holligans und religiösen Fundamentalisten gestatteten, sich zu versammeln, wird nicht aufgehoben werden. Sie behaupteten, sie konnten sie nicht stoppen aufgrund des Rechtes auf Bewegungsfreiheit.

*Wenn das der Fall ist, wo bleibt dann das Recht der Queeren auf Bewegungsfreiheit?

Nach dem QueerBeograd Festival, wo ich das gleiche Beispiel an Einschüchterung und Gewalt erlebte, wo Menschen brutal zusammengeschlagen worden waren, bin ich nun hier in Sarajevo beim ersten stolzen Queer Festival und erlebe die gleiche Geschichte wieder, wo es heisst, dass die Person, die mich zusammenschlägt, das Recht hat, sich frei zu bewegen und mich umzubringen. Und ich werde in einen Raum gestossen und zum Opfer gemacht, nur weil ich lesbisch bin, eine queere Feministin und stolze Aktivistin.

Nun, es wird nicht aufhören, wir werden weiterleben, das Leben genießend und kämpfend.

Grüße aus Sarajevo,
Zoe Gudovic

Zoe Gudovic ist Performancekünstlerin und Organisatorin; sie war im Kontext des ESC-Projektes [prologue] mehrmals in Graz

Die ESC, Kunstverein in 8010 Graz, Jakoministrasse 16, tel 0043 316 83 60 00, e-mail esc[at]mur.at, ermöglicht und initiiert künstlerische Projekte, sammelt, verarbeitet und veröffentlicht kulturelle Daten.