Koproduktion steirischer herbst & ESC im LABOR
I share, therefore I am.
„Having an experience is taking part in the world. Taking part in the
world is really about sharing responsibility. So art, in that sense, I
think holds an incredible relevance in the world in which we're moving
into, particularly right now.“
Olafur Eliasson
„Der Künstler schafft durch seine Arbeit seine Beziehung zur
Welt.“
Concha Jerez und Jose Iges
An der Welt teilzunehmen, eigene Erfahrungen zu machen, sich in die
Gesellschaft einzubringen heisst, Verantwortung zu übernehmen
beziehungsweise diese zu teilen. In diesem Sinn hat gerade Kunst – so
der dänisch-isländische Medienkünstler Olafur Eliasson
in seinem Verständnis von ‚Teilhabe‘ – eine grosse Relevanz in
unserer zunehmend technologisierten Welt, gerade auch im Hinblick auf
Entscheidungsprozesse, die für künftige
zivilgesellschaftliche Entwicklungen von Bedeutung sind.
Mit
Els van Riel, Pei-Wen Liu, Tobias Hoffmann, Marloes de Valk, Wernfried
Lackner, Diane Ludin, Enrique Tomas, Astrid Mager, Donna Metzlar,
Femke Snelting, Christina Clar.
21.September – 21. Dezember 2013
I share, therefore I am. (Sherry Turkle, Connected but alone? Ted
Talks 2012)
Produktion
Die Beziehung zu den Objekten, die wir alltäglich verwenden, sind
als die zentralen Dinge zu entschlüsseln, die unser Handeln
bestimmen: Arbeitsweisen, Auswahl von Werkzeugen, künstlerische
Praxis.
In I share, therefore I am. ergeht an die teilnehmenden
KünstlerInnen die Einladung, eines oder mehrere Werkzeuge der
eigenen Produktion auszuwählen und mit diesem/rund um dieses
Werkzeug eine neue Arbeit zu entwickeln.
Diese Entwicklung geschieht in intensivem Austausch mit einer oder
zwei weiteren Personen aus den Bereichen Kunsttheorie, Cultural Theory
und/oder Technik.
Das Werkzeug kann Software, ein Tonbandgerät, ein
Geigerzähler, ein Smartphone, ... sein.
Diese Produktionsstreffen finden in der ESC statt.
I share, therefore I am.
Sherry Turkle nimmt in ihrem aktuellen Buch Alone Together. Why We
Expect More from Technology and Less from Each Other. 2011 Bezug auf
den Wunsch, sich mit etwas oder jemandem zu verbinden, verbunden zu
sein, zu kommunizieren, ohne sich auf eine Auseinandersetzung
darüber einzulassen.
Die Dinge, derer wir uns zu dieser Verbundenheit bedienen, sind als
Zwischenstufe eingeschoben, die für alles eingesetzt werden und
die als die zentralen Dinge zu entschlüsseln sind, die unser
Handeln bestimmen: Arbeitsweisen, Auswahl von Werkzeugen,
künstlerische Praxis.
Insofern ist dies ein Versuch einer Umkehrung von Sherry Turkle's
Aussage “I share, therefore I am.” - in der Bedeutung, dass wirkliche
Auseinandersetzung durch simples Voting ersetzt wird, wir also eine
Art Kommunikation führen, die weder zu Ereignis noch Ergebnis
führt - eine Scheinkommunikation. Durch das spezielle Networking
der ESC werden VertreterInnen verschiedenster Bereiche miteinander in
Kontakt gebracht und eingeladen, in Graz zusammen an Projekten zu
arbeiten, und damit der Raum geschaffen, in dem sich Kommunikation
ereignet und zu konkreten Ergebnissen führt.
Durch die zunehmende Technologisierung der Kunstproduktion und der
damit verbundenen Vielfalt an Techniken haben sich in den einzelnen
Kunstsparten Spezialisierungen entwickelt, die den Zugang erschweren
und die einiges an übersetzungsleistung vom Publikum verlangen.
In den hier geplanten Projekten wird dieser Prozess geöffnet,
indem man über Wissensvermittlung und das vertiefende
Verständnis über die verwendeten Technologien andere
Nutzungsvarianten schafft, die wieder eine Verbindung der zuvor
separierten Sparten und eine einfachere Entschlüsselung erlauben.
Eine andere Interpretation dessen, was uns umgibt, also keine
“Extremisolierung” (Turkle) angesichts der alles erfüllenden
Technologien (der humanoide Roboter, der immer freundlich und immer
anwesend ist), sondern die Unberechenbarkeit von entstehenden
Strukturen, deren Wirkungsweise noch nicht fixiert ist.
Nun werden KünstlerInnen, WissenschafterInnen und TechnikerInnen,
teilweise in 2er-Teams Projekte entwickeln. Den Abschluss bilden
Installationen, Performances, Konzerte und Gespräche über
die entstandenen Arbeiten.
Els van Riel, Pei-Wen Liu, Tobias Hoffmann, Marloes de Valk, Wernfried
Lackner, Diane Ludin, Enrique Tomas, Astrid Mager, Donna Metzlar,
Femke Snelting, Christina Clar.
So suggeriert uns die alltägliche Verwendung von
Kommunikationstechnologien die Möglichkeit zu Mitbestimmung und
Teilhabe, de facto wird dabei aber gestaltende Einflussnahme durch
Voting ersetzt. Weiters nehmen sie Einfluss auf die Verbindung der/des
Einzelnen zu einer grösseren Gruppe bis hin zu – „allen“. Diese
virtuelle Verbindung (connection) ersetzt bereits, was einmal
Gespräch und Auseinandersetzung war: “We’re substituting
connection for conversation.” (Sherry Turkle)
Kunst muss dafür sorgen, dass der Dialog zwischen den Menschen
wieder aufgenommen wird, denn Technik degradiert den Dialog zu einem
Klick. Wir haben den Dialog, so Turkle, an die Maschinen abgegeben und
selbst das Zuhören an ein Stück Software delegiert. Menschen
kommunizieren immer weniger face-to-face, sie editieren, löschen
und laden Information – von ihren Computern, Ipads und Mobiltelefonen.
Diese Geräte verändern nicht nur die Art, wie wir
kommunizieren, sondern auch uns selbst. Deshalb wird der
tatsächliche Austausch, die physische Präsenz als Ausgleich
und Ergänzung zur digitalen Persona enorm wichtig.
Es ist zu fragen, ob Technologie von Kunst hinreichend herausgefordert
und hinterfragt wird, oder ob Kunst mittlerweile selbst zu etwas
geworden ist, was sich vollends der technologischen Dynamik angepasst
hat.
Gegenüber der Verwertungslogik blitzschneller – zeitloser –
Informationsübertragung vermag Kunst eine Art von Zeitlichkeit
wiederherzustellen, und zwar Zeit als Dauer, eine Form der
ästhetischen Unterminierung.
Mit Wiederaneignung von Zeit geht auch die Rückeroberung von Raum
einher. Wenn ich Raum wahrnehme, einen sensorischen Eindruck oder eine
konkrete Vorstellung von Raum bekomme, wenn ich das Gefühl von
Zeit in diesem Raum habe, wird dieser zugänglich und damit
veränderbar.
Dies generiert die Möglichkeit von Gemeinschaft, von
Kollektivität, von Gesellschaft.
Künstlerische Auseinandersetzung kann sich sowohl der
theoretischen Bestimmung des „öffentlichen“ widmen, als auch ganz
konkret öffentlichkeit schaffen oder in öffentliche
Räume intervenieren, wie zum Beispiel in Debatten zu Demokratie
und Transparenz, Mit- und Selbstbestimmung oder Individuum und
Kollektiv.
Technologie funktioniert bloss, Kunst aber bezeichnet, schafft
Bedeutung, vermittelt zwischen Menschen untereinander und liefert jene
Muster, die die Welt der sensorischen Erfahrung mittels kultureller
Vorstellungskraft zugänglich machen. Technik schafft – wie Edmund
Leach schreibt – „beobachtbare Resultate in einer strikt mechanischen
Weise“, während Kunst ihrem Wesen nach kommunikativ ist und in
Form symbolischer Codes Information über Konzepte wie
beispielsweise Identität oder Gesellschaft zur Verfügung
stellt. Damit ergänzt und vervollständigt sie die durchaus
notwendigen und sinnvollen Spezialisierungen durch ihren
universalistischen Zugang und spielt das ExpertInnenwissen zurück
ins alltägliche Leben.
Die künstlerischen Projekte der ESC im LABOR widmen sich Fragen,
die sich aus den Wechselwirkungen von künstlerischer Praxis,
kulturellen Formationen und technologischen Innovationen ergeben und
die aus einer einzelnen fachspezifischen Sicht allein nicht mehr
beantwortet werden können.
allgemeine Öffnungszeiten
Dienstag - Samstag
14.00 - 19.00 und nach Vereinbarung
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