Installationen, Performances, Worklabs, Symposion
Eröffnung im Rahmen von aktuelle Kunst in Graz
4. Mai 2012, 19.00 Uhr
zu sehen bis 30. Juni 2012
8.6.2012 23.00 - 02.00 früh
Zeitton Extended - Liveübertragung aus der ESC auf Ö1
Gestaltung: Susanna Niedermayr und Reni Hofmüller, mit: Jogi Hofmüller (mur.at, mursat), Christian Pointner (mur.at, mursat), Peter Venus (mursat, Patching Circle), Marian Weger (mursat), IOhannes m zmönig (Pd-Graz); Beiträge von Verena Kuni (aus: Lücken im urbanen Raum), Norbert Math (mur.at, mursat), realraum, Rhizom
NoTous Workshop
von und mit Enrique Tomas
NoTours /Augmented Aurality for Android
Donnerstag, 14.6., ab 14.00 Uhr
Freitag, 11.00 - 16.00 Uhr
Symposion
16. und 17.6.2012
Sternenstaub - Elise Schimana
Donnerstag, 21. Juni 2012
Beginn: Sonnenuntergang (20.57)
Ende: Monduntergang (22.01)
Seit gerade einmal ein bisschen mehr als 50 Jahren können Menschen Satelliten ins All schießen.
Der Flug des Sputnik 1957 wurde damals von Millionen Menschen mitverfolgt. Noch größeres Aufsehen erregte am 12. April 1961 Juri Gagarins Flug in den Orbit, der erste Mensch, der den Planeten verlassen hatte. Das Rennen um die “Vorherrschaft” im All war vom Kalten Krieg beherrscht, die Sowjets hatten als erste den Flug um die Erde geschafft, die US-Amerikaner betraten als erste den Mond. Damals wie heute gibt es große Skeptiker gegenüber Investitionen in Milliardenhöhe.
Mittlerweile sind Satelliten aus unserem Technologiealltag nicht mehr wegzudenken: TV- und Internetnetzerke, die gleichzeitig Ideen der Nationalstaatlichkeit wie auch der globalisierten Verbundenheit generieren. GPS bestimmt unsere Vorstellung von Verortetheit und dem Navi wird mehr Vertrauen geschenkt als der/dem Beifahrerin. Satelliten versorgen uns mit Bildern der Welt mittels geo-kartografierten Fotografien, und sie erweitern unsere Vorstellungen über das Universum durch Aufnahmen des Hubble Teleskops. Dabei sind die Satelliten gleichermaßen allgegenwärtig und unsichtbar. Sie sind “obskure Medienobjekte” (Lisa Parks).
Parallel dazu hat sich eine Vielfalt von Praktiken und Kulturen entwickelt, die Satelliten und deren Technololgien als Material einsetzen. Manche “tracken” Satelliten und berechnen deren Orbits, andere wie zB Funkamateure nutzen sie als Funkrelaisstationen, Transponder und Repeater, und bauen und betreiben auch ihre eigenen. Der prominenteste ARISSAT-1 ist am 4.1.2012 verglüht, nachdem er als erster Amateurfunksatellit direkt aus der ISS (International Space Station) am 3.8.2011 in den Orbit geschickt wurde, per hand von einen russischen Kosmonauten, live von NASA-TV ins Internet übertragen.
In einer Ausstellung, einer Konferenz, Performances und einer mehrteiligen Serie von Workshops arbeiten Personen aus sehr unterschiedlichen Bereichen kontinuierlich am Thema Satelliten. Ziel dieser Auseinandersetzung ist es, den Blick nach oben zu richten, sich darüber zu informieren und auszutauschen, wie diese Technologie funktioniert. über dieses vertiefte Verständnis entsteht die Basis für eine intensive Weiterentwicklung und Arbeit an diesem Themenkomplex. Und das bildet die Ausgangssituation für neue künstlerische Produktion, und gleichzeitig für Reflexion politischen und gesellschaftlich relevanten Dimensionen.
Installationen
El Naufragio de los hombres Charly Nijensohn (AR)
Videoinstallation
in caelum Marian Weger (D/A) und Peter Venus (D/A)
immersive video installation with multichannel sound, satellite positions visible in a 270degree projection in a 24hour video loop, 2012
coallision Jogi Hofmüller (A)
audiovisual realtime generated installation about the collision of 2 satellites in 2009 and the emerging space debris, 2011/12
Satelite Bolinha Bruno Vianna (BR)
a hacked US-Navy-satellite used by some people in brasil Video, 2011
a fountain to fish satellites Bruno Vianna (BR)
ionic satellite fountain is a satellite monitoring and visualization station made of salt water antennas
Video, 2011
Non-newtonian Characters Reni Hofmüller (A)
interactive sound installation
Vapor Trails of Europe Alien Production (A)
radio piece, sound installation
From the Distance Heimo Ranzenbacher (A) und Fränk Zimmer (A/LU)
audiovisual installation, 2008. The audio recordings that travel with Voyager are streched to the length in time that the light would need to travel from voyager back to earth, then about 15hours.
20000 Days In Space TU Braunschweig
space debris animation
Opening
Live Performances
Aktuelle Infos vom mursat, Präsentation Jogi Hofmüller
Symposion 16. - 17.6.2012
13.00 - 18.00 Uhr distance/Entfernung
Reni Hofmüller - Führung durch die Ausstellung
Klaus Mayr - Was sind elektromagnetische Wellen?
Klaus Lang - Unsichtbare Struktueren: Zeit, Wahrnehmung und Komposition
Bei Schönwetter im Augarten
remote control/Fernsteuerung
Reni Hofmüller - Bird spotting - Satellite listening
Workshopserie
Non-newtonian Liquids
Nicht-newtonsche Flüssigkeiten verhalten sich in unterschiedlichen Druckverhältnissen ungewöhnlich. Während des Workshops werden mehrere Anwendungen für Installationen durchgetestet.
NoTours for Satellites - Enrique Tomas
Donnerstag, 14. Juni ab 14.00 Uhr und Freitag, 15.6. ab 11.00 Uhr
NoTours – Enrique Tomas, Künstler und Programmierer NoTours ist eine smartphone-basierte Applikation, mit der Klanginstallationen in Kombination mit GPSDaten programmiert werden können. Enrique Tomas erweitert die vorhandenen Möglichkeiten auf Steuerbarkeit mit Satellitendaten.
Antennenbau – Christian Lammer, Elektrotechniker
Christian Lammer ist u.a. Leiter der Clubstation der Grazer Funkamateure und baut mit KünstlerInnen leicht realisierbare und einsetzbare Antennen, um Satelliten zu hören.
Satellitenbauen mit Kindern - Eva Stern, Künstlerin Die in Graz lebende Künstlerin erarbeitet mit Kindern und Jugendlichen deren Vorstellungen von Satelliten und baut diese mit Computerschrott.
Performances
21.6.2012
Elise Schimana – Sternenstaub
Performance
pulsieren_implodieren_explodieren_
und geborgen sind wir im partiklewind der sonne Ein Mehrkanal Live-Electronic Solostück
“Wenn Astronauten in ihren Raumschiffen die Nachtseite der Erde überfliegen, dann sehen sie, so heißt es, die irdischen Lichter tief unten so, wie wir die Sterne sehen (…) Die bewohnte Erde erscheint auf diese Weise als urbane Galaxie: als würde der Sternenhimmel, der die Erdkugel umfängt, in Form von Städten auf diese projeziert.”
Marcel Henaff, Globale Urbanität, Lettre International Winter 2011
Art of the Future
Graz hat mit dem Projekt mursat eine einzigartige Situation: ein Team von rund 25 Personen entwickelt und baut einen Nanosatelliten, der noch 2012 in den Orbit fliegen soll. Das Projekt wurde von mur.at initiiert, und die ESC im LABOR ist als Mitglied von mur.at aktiver Teil dieses Projektes.
Durch die Entwicklung und den Bau des mursat Satelliten seit Beginn 2009 hat sich eine Vielzahl an Verbindungen, Kontakten und sehr breit gefächertes Wissen und Verständnis angehäuft, das unter dem Titel “Covered Skies” (“Bedeckte Himmel”) behandelt werden soll. Dabei geht es einerseits um den Austausch unter ExpertInnen verschiedener Bereiche untereinander als auch die Einbindung und Weitergabe dieses Wissens an das Publikum.
Mit der Kombination sehr verschiedener Formen der Auseinandersetzung bieten wir die unterschiedlichsten Zugangsmöglichkeiten an und erreichen damit ein sehr bunt gemischtes Publikum.
Gerade weil Satelliten ein so technisch besetzes Thema sind, bemühen wir uns in der Kombination diverser Praxisfelder um eine Interdisziplinarität, die sowohl den Einstieg ins Thema als auch eine Vertiefung vorhandenen Verständnisses ermöglicht. Ziel ist die Teilhabe an einem Raum und den auf diesen bezogenen Praktiken und Techniken, die – in einer Fortsetzung kolonialzeitlicher Aneignungs- und Verteilungslogiken – den als 'mächtig' definierten und verstandenen Institutionen vorbehalten sind, doch ihnen vielmehr unhinterfragt überlassen werden – Stichwort: Mythos von der erfolgreichen Eroberung des Alls.
Dadurch, d.h. durch diese Teilhabe, sollen die Möglichkeiten eines ganz anderen, bisher ungewohnten und mehrdimensionalen Umgangs mit Satelliten, Weltraum und damit nicht zuletzt mit unseren politischen Handlungsspielräumen aufgezeigt und künstlerisch umgesetzt werden.
Es ist work in progress, eine Serie von Experimenten, ein Austesten und Durchspielen von und mit Möglichem nicht nur auf künstlerischer oder technischer, ebenso auf bürokratischer oder juridischer Ebene.
Bei der Auseinandersetzung mit Satelliten geht es nicht nur daum, die Willkür von Erfolgserzählungen aufzuzeigen, wie sie im Bezug auf Raumfahrt, Weltall und Satellitentechnologie so typisch sind und viel zu oft erzählt werden – und die sich gerade in ihrer permanenten Wiederholung als wahr generieren. Es gilt auch, die Bilder und Topoi zu hinterfragen, die den Mythos von der erfolgreichen Eroberung des Alls so glaubhaft machen und andere Sichtweisen, ja die schiere Möglichkeit anderer Erfahrungen und Wahrnehmungen von Raumfahrt so stark verdecken. Sei es der lonesome Space-Cowboy in den unendlichen Weiten des Weltraums, die blaustrahlende Schönheit des Planeten Erde aus 200km von oben oder sei es, wie in jüngster Zeit, ein einzelner in der Dunkelheit hell schimmernder Satellit, der, seinem Namen alle Ehre machend, als Begleiter über der Erde schwebt und das Leben 'hier unten' besser und schöner macht – so sehr diese Bilder und Motive unserem kulturellen Gedächtnis mit dem Zwang der Wiederholung aufoktroyiert sind, so wenig sind sie zwangsläufig. Deutlich wird das, wenn man sie mit anderen Bildern konterkariert; Bildern von Weltraummüll und einer Unmenge von Satelliten, die die Erde bereits mit einer erschreckenden Dichte umkreisen; Bilder, die vielmehr Ausdruck von Machtkalkül, überwachungstechniken und hegemonialer Ansprüche, denn der Schönheit unendlicher Weiten sind. Sie zeigen gleichsam die Kehrseite und sind als solche viel eher das zwangsläufige Produkt einer 'Eroberung des Weltalls' als die so häufig reproduzierte Lonely-Star-Ikonologie.
Allerdings wäre es äußerst kurzsichtig, wenn die Frage nach einem anderen Blick auf und in den Weltraum nur in der Produktion von Gegenbildern steckenbliebe. Statt eine Erfolgsgeschichte als verkapptes Scheitern zu entlarven, muss es darum gehen, die Möch immer mehr technische Geräte etabliert, die dazu geführt haben, dass unsere Zeit ständig für andere verfügbar ist. Die Maschinen, die angeblich Zeit sparen sollen, fressen immer mehr davon. Dieselben oder andere Geräte, die sogenannte Unterhaltungselektronik sorgt dafür, dass unsere uns verbleibende Zeit von anderen mit "Unterhaltung" angefüllt wird. Fast verloren gegangen ist die Idee, sich Zeit zu nehmen, um sich ungehindert einer Sache zu widmen. Aber tiefe Erfahrung - und darum geht es in der Kunst - braucht, im Gegensatz zur Unterhaltung, das sich ganz Einlassen auf eine Sache.
Sie braucht Zeit.
Die ESC, Kunstverein in 8010 Graz, Jakoministrasse 16, tel 0043 316 83 60 00, esc[at]mur.at, http://esc.mur.at/
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