12. September 2013
“We're talking about whole new forms of subjectivity here. We're
talking seriously mutated worlds that never existed on this planet
before. And it's not just ideas. It's new flesh.” Donna Haraway
esc medien kunst labor
Eröffnung am Donnerstag, den 12. September 2013, ab 19.00 Uhr
Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse 5, 8010 Graz
Programm
18.30 Uhr Einlass
19.00 Uhr Ilse Weber, esc medien kunst labor
19.05 Uhr Lisa Rücker, Kulturstadträtin Stadt Graz
19.15 Uhr Dr. Christian Buchmann, Kulturreferent Land Steiermark
19.25 Uhr Reni Hofmüller, esc medien kunst labor
19.30 Uhr Dr. Marina Grzinic, Künstlerin, Theoretikerin,
Professorin an der Akademie der Bildenden Künste Wien
Eröffnungsrede: “A street talk: To act in support of those who
struggle for a life with dignity requires bravery and responsibility”
20.30 Uhr
Performances
Elisabeth Schimana
Annette Giesriegl
Anna Kropfelder
Ivan Trenev
Martin Rumori
Gernot Tutner
Konzert
Just Friends and Lovers
DJ’s
Robert Lepenik, Marufura Fufunjiru
Interventionen
Ursula Kiesling und Maki Stolberg, “Festival of Bad Portraits”
Heike Kaltenbrunner, „Brot für einen Satz“/ „Brot gegen Sätze
Grit Ruhland, „Persecture #0: Raumuntersuchung – Landung esc”
Milla Millers, „Gekauft“
Doris Jauk-Hinz, „Trans-Lokation“
Installationen
Els van Riel IL A TOUT DIT
Pei-Wen Liu Inevitably, Here
Diane Ludin i-Biology revisited
Wernfried Lackner Army of Darkness
Ortswechsel
Nicht nur, aber vor allem, um in der Kunst zu erstaunlichen
Ergebnissen zu gelangen, braucht es das nicht-zielorientierte Handeln.
Wesentliches entsteht oft nebenbei, fernab vom Geplanten, Kalkulierten
und Konzipierten. Es entwickelt sich im Gespräch, in der
Diskussion, im Tun. Es kommt scheinbar aus dem Nichts, setzt sich
unbemerkt fest, wächst im Verborgenen. Und plötzlich ist es
da, unübersehbar, als wäre es immer schon vorhanden gewesen.
Damit aber in dieser Weise Wesentliches passieren kann, braucht es
einen Raum, der permanent für Kunst offen ist.
Wenn die esc als
medien kunst labor nun einen neuen Ort besetzt, dann mit dem Ziel,
wieder einen Raum zu schaffen, in dem Kunst im eigentlichen Sinn
entstehen kann. Es wird ein Raum sein, der permanent da ist, der immer
offen ist, selbst wenn in ihm dann manchmal scheinbar nichts passiert.
Dies ist deshalb wichtig, damit die Zeit ihre Rolle spielen darf.
Wenn die esc nun zum dritten Mal seit ihrer Gründung einen
Ortswechsel durchführt, wird sie nach ihren Anfängen in der
Plüddemanngasse in Waltendorf und ihrer zweiten Station in der
Jakoministrasse nun mit dem neuen Standort im Palais Trauttmansdorff
in der Bürgergasse mitten in der Stadt angekommen sein. Dies
korrespondiert mit dem Selbstverständnis der
zeitgenössischen (Medien-)Kunst, die sich nicht als Nische am
Rande der Gesellschaft begreift, sondern im Gegenteil aktuelle
Probleme und Entwicklungen reflektiert und behandelt, die den
gesellschaftlichen Kern selbst betreffen – und somit uns alle, die wir
Teil dessen sind. Wenn aber die Kunst sich als zentrales
gesellschaftliches Phänomen begreift, müssen die Räume,
in denen sie produziert und präsentiert wird, dem Rechnung
tragen: sie dürfen nicht länger am Rande bleiben, sondern
sind aufgefordert ins Zentrum rücken.
Auch die Form der klassischen Kunsträume wird untauglich. Weder
der White Cube noch die Black Box – beides Beispiele sich selbst
genügender Räume, von der Aussenwelt abgeschlossen und ohne
Verbindung zu ihr – können Orte einer aktuellen Kunstproduktion
sein, die sich mit allen Bereichen der Gesellschaft vernetzt und
verbindet und mit ihnen kommuniziert. Der neue Ort der esc ist das
Gegenteil dieser klassischen Räume: er ist transparent,
öffnet sich nach aussen, wird Teil des öffentlichen Raums.
Er richtet den Fokus auf die künstlerische Arbeit, die in ihm
stattfindet. Er versteckt sie nicht hinter undurchdringlichen
Wänden, sondern macht sie sicht-, hör- und greifbar – und
dies in allen Phasen ihres Entstehens: nicht nur das fertige Produkt
wird nach aussen präsentiert, sondern auch sein Entwurf, die
Diskussionen, sein Aufbau, vielleicht sein Verfall oder Misslingen.
Und das rund um die Uhr. Der Raum wird auch dann offen sein, wenn in
ihm scheinbar nichts passiert. Die Kunst schläft nie.
Zentral ist, dass der Laborcharakter der esc aufrechterhalten wird.
Die Lust am Experimentieren, an unkonventionellem Denken und Handeln
wird weiterhin im Vordergrund stehen. Dies äussert sich bereits
in der Konzeption des Ausstellungsprogramms, in der Technologie
kritisch reflektiert wird. Kunst muss dafür sorgen, dass der
Dialog zwischen den Menschen wieder aufgenommen wird, denn Technik
degradiert den Dialog zu einem Klick. Wir haben den Dialog an die
Maschinen abgegeben und selbst das Zuhören an ein Stück
Software delegiert (Sherry Turkle). Menschen kommunizieren immer
weniger face-to-face, sie editieren, löschen und laden
Information – von ihren Computern, Ipads und Mobiltelefonen. Diese
Geräte verändern nicht nur die Art, wie wir kommunizieren,
sondern auch uns selbst. Es ist zu fragen, ob Technologie von Kunst
hinreichend herausgefordert und hinterfragt wird, oder ob Kunst
mittlerweile selbst zu etwas geworden ist, was sich vollends der
technologischen Dynamik angepasst hat.
Eine der wesentlichen Leistungen zeitgenössischer Kunst ist es,
dem Menschen wieder eine gestaltende und kommunikative Position zu
ermöglichen, aus der ihn die Technologie gedrängt hat. Da
der öffentliche Raum zunehmend kommerzialisiert wird, um
Technologie restlos zu implementieren, werden Orte, die kritische
Kunst ermöglichen, wahrscheinlich zu letzten Refugien echter
Menschlichkeit.
esc medien kunst labor, August 2013
Öffnungszeiten
Dienstag - Freitag 14.00 - 19.00 Uhr und nach Vereinbarung
|